KI konkret: Packaging Dialog 2024

Veröffentlicht am: 11.11.2024

Der Packaging Dialog 2024 widmete sich in diesem Jahr einem Thema, das vielen unter den Nägeln brennt: Wo und wie sollte KI eingesetzt werden, wenn man vorne dabei sein will?

Horst Bittermann, Director General von Pro Carton, gab nach der Begrüßung einen kurzen Überblick über die Karton- und Faltschachtelindustrie. Wie schwierig die Lage ist, zeigt sich anhand der europäischen Nachfrage nach Karton: 2022 war die Marktnachfrage 8 Millionen Tonnen, 2023 waren es 25 Prozent weniger und 2024 sieht man eine double-digit-Steigerung. Die Aussichten sind positiv: Für die nächsten fünf Jahre ab 2025 werden jährlich 3 Prozent Wachstum vorausgesagt. Diese Vorhersage liegt über dem aktuellen GDP, mit dem sich die Karton- und Faltschachtelproduktion im Allgemeinen parallel entwickelt. Das GDP wird sich voraussichtlich aufgrund der geringen Inflation und der Leitzinssenkungen ebenfalls erholen. Auch in Hinblick auf die EU haben sich die Aussichten gebessert. Es ist gelungen, die Position faserbasierter Verpackungen in der Arbeit an der neuen EU-Verpackungsverordnung (PPWR) zu stärken und Möglichkeiten zu verankern, dass Kunststoff in Zukunft in einigen Bereichen ersetzt werden kann. Ein gutes Zeichen ist auch, dass es in der EU neuerdings eine Kommissarin für Kreislaufwirtschaft gibt, das lässt auf Verständnis für unsere Industrie hoffen, die insgesamt eine Recyclingquote von 82,5 Prozent erreicht. Spätestens seit dem Draghi-Report ist die EU generell industriefreundlicher geworden. Zudem hat sich Pro Carton neu aufgestellt: CEPI Cartonboard wurde in Pro Carton eingegliedert und ein gemeinsames Büro mit der ECMA (European Carton Makers Association) in Brüssel bezogen.

Künstliche Intelligenz in Wirtschaft und Gesellschaft
Gerhard Kürner, Gründer und CEO von 506.ai, reflektierte dann in seinem Vortrag aktuelle Entwicklungen rund um KI. So kann man grundsätzlich feststellen, dass KI ein assistierendes System ist. Laut einer Studie von Goldmann Sachs von vor zwei Jahren werden fast alle Arbeiten im Büro, im Rechtsbereich, in der Architektur, in der Sozialwissenschaft, im Management, im Finanzbereich bis hin zur Gesundheitsfürsorge um ein Viertel bis zur knappen Hälfte von KI übernommen. Am wenigsten betroffen sind hingegen persönliche Fürsorge, Bau, Reparatur, Transport und ganz allgemein handwerkliche Arbeiten. Das heißt in der Praxis: Die meisten kreativen Arbeiten können mit Unterstützung von KI wesentlich schneller und oft auch besser durchgeführt werden. Das Finanzunternehmen Klarna hat zum Beispiel zwei Drittel seiner telefonischen Kundenbetreuung durch AI ersetzt, und dies hat zu einer wesentlichen Verbesserung geführt: Die Zahl der zweiten Nachfragen ging stark zurück, und Drittfragen gab es überhaupt nicht mehr! Klarna konnte mit KI seine Ausgaben für Marketingagenturen um 25 Prozent einsparen – und das bei einem Milliardenumsatz. Da erstaunt es nicht, wenn laut Work Trend Index in Zukunft Bewerber mit KI-Erfahrung bevorzugt werden, auch gegenüber jenen, die Erfahrungen im jeweiligen Bereich haben. Die technische Entwicklung geht extrem schnell. Noch vor eineinhalb Jahren hätte es zum Beispiel bis zu acht Stunden gedauert, um eine Stimme nachzumachen. Vor einem halben Jahr war es eine Stunde, heute ist es eine Sache von wenigen Minuten und sehr bald von Sekunden. Mit einfachen Prompts aus wenigen Wörtern kann man heute schon nicht nur Bilder, sondern ganze Filme erzeugen. Mit einem Aufwand von 25 Dollar und zwei Stunden Webcam-Arbeit kann ich meinen eigenen Avatar in allen Sprachen Vorträge halten lassen. In wenigen Monaten wird es so weit sein, dass man diesem Avatar auch Fragen stellen kann und er mit fachgerechten Antworten aus klar definierten Unterlagen aufwarten kann – etwa von der Website von PROPAK. ChatGPT kann heute auch schon Bilder erklären, zum Beispiel, welcher Schlüssel aus einem Werkzeugkasten für eine bestimmte Aufgabe gebraucht wird.
Für die Industrie bedeutet das: Man sollte sich dem Thema energisch, aber vorsichtig nähern und keine großen Investitionen tätigen, die morgen schon wieder überholt sein könnten. Es gibt nicht die eine goldene Lösung. Im Gegenteil: KI unterstützt bei Arbeiten, die relativ „unsexy“ sind. Sie kann etwa verschiedene Verträge vergleichen, Gesetzestexte erläutern, prüfen, ob Projekteinreichungen vollständig sind, Projekttexte schreiben oder Produktentwicklungen unterstützen. Ungezieltes Vorgehen sollte man vermeiden, etwa indem man Mitarbeiter auffordert, selbst in ihrem Bereich nach Lösungen zu suchen. Stattdessen sollte man immer wieder kleinere, gezielte Projekte aufsetzen, besonders dort, wo es wiederkehrende Prozesse gibt, denn auch im eigenen Bereich lernt KI schnell. Mit den ersten Erfahrungen wächst die Zahl solcher Projekte im Unternehmen von selbst weiter. Trotz allem sollte man immer kritisch bleiben, denn KI versucht auch dort Lösungen zu finden, wo ihr die Ressourcen fehlen. Dann entstehen sogenannte „Halluzinationen“, erfundene, falsche Ergebnisse.

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Kommentar

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