Industrielle Papierverarbeiter unter Druck

Veröffentlicht am: 10.05.2024

Stark steigende Personalkosten, gepaart mit stagnierender Produktivität und gedämpfter Nachfrage, bringen die industriellen Papierverarbeiter zunehmend unter Druck. Zudem beklagt man sich, wie andere Branchen auch, über eine überbordende Bürokratie im geschäftlichen Alltag.

 

Die 87 Betriebe der papier- und kartonverarbeitenden Industrie in Österreich (PROPAK) mussten im abgelaufenen Jahr in der Produktion mengenmäßig einen Rückgang von 9,1 Prozent auf 1,1 Millionen Tonnen verkraften. Der Wert der abgesetzten Menge fiel um 9,1 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. „Österreich ist keine Insel“, sagte PROPAK-Fachverbandsobmann Georg Dieter Fischer im Rahmen des Bilanzpressegesprächs Anfang Juni. „Die rückläufige Entwicklung zeigt die europäische Konjunkturschwäche.“ Knapp 80 Prozent aller hergestellten Produkte aus Papier, Karton und Wellpappe gehen in den Export, etwa die Hälfte davon wird nach Deutschland geliefert. „Es ist uns gelungen, die Preise zu halten und nicht unter Wasser zu kommen.“

Standort Österreich in Gefahr?
„Für die PROPAK-Industrie wird es schwieriger, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten“, berichtet Marko Bill Schuster, stellvertretender Obmann der PROPAK. Allein in den vergangenen drei Jahren sind die KV-Löhne und Gehälter in der PROPAK-Industrie um über 20 Prozent gestiegen. „Damit unsere heimische Industrie wieder international mithalten kann, braucht es attraktivere Rahmenbedingungen. Wir benötigen eine neue sozialpartnerschaftliche Herangehensweise zur kollektivvertraglichen Lohn- und Gehaltsfindung. Und wir brauchen dringend einen Abbau von Bürokratie – hier droht den Unternehmen eine Lawine insbesondere an europäischen Regelwerken, Stichwort Lieferkettengesetz.“ So überrascht es nicht, dass mehr Unternehmen als je zuvor über Veränderungen nachdenken, was die Produktion und den Standort betrifft. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Branchen-Umfrage, die der Fachverband unter seinen Top-30-Mitgliedsunternehmen durchgeführt hat. Während zwei Drittel der Firmen derzeit keine Veränderungen planen, musste bereits jeder dritte papierverarbeitende Betrieb Maßnahmen ergreifen. „Das reicht vom Outsourcing einer Dienstleistung bis zur Verlagerung von Teilen der Produktion an einen anderen Firmenstandort - ob innerhalb oder außerhalb der EU“, so Schuster. Die Anzahl der PROPAK-Beschäftigten in 87 Produktionsbetrieben ist im Vorjahr leicht auf 8.678 (minus 2,0 Prozent) gesunken. Auch die Anzahl der Lehrlinge ging zurück (minus 4,8 Prozent). Zurzeit bildet die Industrie 217 Lehrlinge in 16 verschiedenen Berufen aus. Neben der Lehre setzt die Branche auf betriebliche und außerbetriebliche Aus- und Weiterbildung. „Die Lage ist derzeit noch stabil“, betont Schuster. „Aber wenn es im zweiten Halbjahr zu keiner wirtschaftlichen Erholung kommt, verlieren wir Kunden, und ein Abbau von Arbeitsplätzen, gerade bei den eher einfachen Tätigkeiten, wird unvermeidlich.“

Was bringt die neue Verpackungsverordnung?
Studien belegen, dass Konsumenten immer stärker auf Nachhaltigkeit setzen und die Recyclingfähigkeit von Verpackungen prioritär ist. „Das ist eine Kernkompetenz unserer Branche“, meint PROPAK Geschäftsführer Martin Widermann. „Die Produkte unserer Industrie sind auch nach Gebrauch kein Abfall, sondern wertvoller Rohstoff, der Ressourcen schont wie kein anderer.“ So gesehen eine Branche mit grünem Mäntelchen und unverzichtbaren Produkten. Vorsichtig positiv äußert sich der Fachverband zum vorläufigen Text der neuen EU-Verpackungsverordnung PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation). „Wir begrüßen, dass die europäischen Institutionen eine gemeinsame Position gefunden haben, die der zentralen Rolle von Verpackungen aus Papier/Karton/Wellpappe in der Kreislaufwirtschaft Rechnung trägt – das hat im ersten Entwurf noch ganz anders ausgesehen“, so Widermann. Die finale Bestätigung durch die Mitgliedstaaten steht zwar noch aus. Widermann betont aber: „Es war eine Herkulesarbeit des Fachverbands PROPAK in Zusammenarbeit mit den europäischen Verbänden, dies zu erreichen. Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings die Gefahr eines deutlich erhöhten bürokratischen Aufwands. Es bleibt abzuwarten, wie die nationale Umsetzung aussehen wird.“

Ausblick 2024
„Ob Transportverpackung aus Wellpappe oder Kartonverpackung im Supermarktregal, ob Hygieneprodukt und Papiertaschentuch, Etiketten aus Papier oder ein Spiel oder Buch – jeder von uns hält mehrmals am Tag ein Produkt aus Papier oder Karton in Händen“, sagt PROPAK-Obmann Fischer. „Produkte aus Papier und Karton sind die Heroes unseres Alltags und unverzichtbar für unsere moderne Volkswirtschaft.“ Konjunkturell erwartet man ein weiteres schwieriges Jahr. „PROPAK-Unternehmen bewiesen in den letzten Jahren im internationalen Wettbewerb ihre Resilienz. Wir rechnen mit einer leichten Erholung in der zweiten Jahreshälfte und mit einem flachen Wachstum von ein bis zwei Prozent“, gibt sich Fachverbands-Obmann Georg Dieter Fischer vorsichtig optimistisch. Bilder © comunit/Schedl

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Kommentar

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